Brüderlichkeit

Brüderlichkeit
Brü|der|lich|keit ['bry:dɐlɪçkai̮t], die; -:
brüderliche Gesinnung, Haltung.

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Brü|der|lich|keit 〈f. 20; unz.〉 liebevolle, brüderl. Gesinnung; →a. Freiheit

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Brü|der|lich|keit, die; -:
brüderliche Gesinnung.

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Brüderlichkeit,
 
die Gesinnung, durch die sich die Mitglieder einer menschlichen Gruppe untereinander zur tätigen Hilfe verpflichtet fühlen, ohne dass diese Verpflichtung formell, z. B. rechtlich, fixiert ist und ohne dass an eine Aufrechnung der gegenseitigen Leistungen gedacht wird. Das Verhältnis zwischen leiblichen Geschwistern gilt dabei als Vorbild. In der religiös bestimmten Ethik, besonders der christlichen, ergibt sich das Gebot der Brüderlichkeit aus dem Gedanken der Gotteskindschaft aller Menschen als dessen Entsprechung (Bruder). In erster Linie wird dabei meist an das Verhältnis der Gemeindemitglieder zueinander gedacht, so etwa in den Apostelbriefen, in denen die Formel »liebe Brüder« die typische Anrede und die Mahnung zur Brüderlichkeit innerhalb der Gemeinde eines der Leitmotive ist. Als weitere theologische Begründung des Gebots der Brüderlichkeit tritt der Gedanke hinzu, dass Gott die Menschen zu Brüdern gemacht habe, indem er sie alle von einem einzigen Menschen abstammen ließ.
 
Die Idee, dass die Menschheit eine große Familie bilde, sodass alle Menschen »Brüder« seien, hat ihren Ursprung in der spätantiken Philosophie, besonders in der Stoa. Die Stoiker haben daher die Sklaverei bekämpft und v. a. die (z. B. von Aristoteles vertretene) Lehre abgelehnt, dass der Sklave von Natur ein anderes Wesen sei als der Freie. Die europäische Aufklärung nahm beide Gedankenströme, den antik-stoischen und den christlich-theologischen, in ihre Ethik und Naturrechtslehre auf, den Letzteren, indem sie ihn säkularisierte; damit rückte der Akzent von dem Gebot einer dem Nächsten geschuldeten brüderlichen Liebe auf den Gedanken, dass jedem Menschen die gleichen unveräußerlichen Rechte angeboren seien, die seine Menschenwürde begründen. Die Gesetzgebung der Französischen Revolution hat den Begriff Brüderlichkeit programmatisch zu einem der Leitbegriffe der demokratischen Ideologie gemacht. Die dreiteilige Formel »Liberté, Égalité, Fraternité« (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) tritt seit 1792, zuerst im Klub der Cordeliers (J. P. Marat, G. Danton, J. R. Hébert) auf; sie wurde von der Zweiten Republik (1848) als offizieller Wahlspruch übernommen. In ihr bildet der Begriff Brüderlichkeit insofern die Klammer zwischen den beiden anderen Begriffen, als die Forderung nach freier Entfaltung des Einzelnen mit dem Gleichheitspostulat in Konflikt gerät, wenn nicht beide auf der Basis eines gutwilligen Einverständnisses und Zusammengehörigkeitsgefühls gedacht werden.

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Brü|der|lich|keit, die; -: brüderliche Gesinnung.

Universal-Lexikon. 2012.

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